
Klaus Mrozek (72) gehört noch zu der Generation, die erst mit 21 Jahren wählen durfte. Einige Jahre nachdem er zum ersten Mal seinen Zettel in die Urne warf, unterstützte er die Stadt Marl bereits als Wahlhelfer. Und ist nach mehr als 40 Jahren immer noch dabei: „Einfach weil es mir Spaß macht. Demokratie bedeutet mitzumischen und nicht zu sagen ‚Lass die anderen mal machen.‘“
Als ehemaliger Hauptschullehrer und -leiter und durch sein Engagement bei den Pfadfindern kennt Klaus Mrozek viele Menschen in seinem Stadtteil. So schlägt er im Wahllokal in Sickingmühle schnell das Straßenverzeichnis an der richtigen Stelle auf und wechselt ein paar nette Worte mit den Wählerinnen und Wählern. Jede Wahlbenachrichtigung sammelt er ein und hakt sie sorgfältig ab – damit die Zahlen stimmen.
Mit Gipsarm in die Kabine
Fast nie hat Klaus Mrozek als Wahlhelfer ausgesetzt: „Nur wenn Omas Geburtstag war oder 2014 als ich selbst für den Rat kandidierte.“ Meist liefen die Wahlen ohne Zwischenfälle ab. Allerdings gibt es noch immer Wählerinnen und Wähler, denen erklärt werden muss, dass sie zwei Stimmen vergeben: die erste für die Bundestagskandidatinnen und Kandidaten ihres Wahlkreises, die zweite für deren Partei. Manchmal begleitet der Wahlvorstand auch Menschen mit Sehbehinderungen oder einem Arm in Gips in die Kabine und hilft beim Ausfüllen des Stimmzettels.

Klaus Mrozek wunderte sich oft über ungültige Stimmen, für die Marler extra ins Lokal kamen. Da gibt es Wähler, die den Stimmzettel durchstreichen, leer lassen oder mehrere Kreuze machen. In allen Fällen sind die Stimmen ungültig.
Suche nach der verlorenen Stimme
Die acht Wahlhelferinnen und Helfer eines Bezirks arbeiten in zwei Schichten. Mindestens drei müssen im Wahllokal präsent sein. Nach 18 Uhr schließen sie das Wahllokal kurz und offiziell. Wer zu spät kommt, wird weggeschickt. Dann stellen die Acht wieder die Öffentlichkeit her, falten die Zettel auseinander und zählen bei geöffneten Türen alle Stimmen aus – zweimal mindestens, bei Unstimmigkeiten ein drittes Mal. So kann die Auszählung mehr als drei Stunden dauern. Die Zahl der Wahlbenachrichtigungen und Stimmzettel muss identisch sein. Klaus Mrozek erinnert sich an einen Wahlabend, bei dem die Helfer eine Stimme endlos suchten und nicht fanden. Den Fehler vermerkten sie in den Unterlagen: „Vielleicht hat jemand seinen Wahlzettel mit nach Hause genommen und einen leeren Briefumschlag eingeworfen.“
Umschläge gibt es heute nicht mehr, nur noch ausgefüllte Wahlzettel werden in die Urne geworfen. Die Urnen mit allen ausgezählten, im Bündel verpackten Stimmen bringen die Wahlhelfer zum Schluss ins Rathaus.
20.700 Briefwähler
Für ihre Hilfe erhalten sie 50 Euro (Briefwahl 40 Euro). Klaus Mrozek erinnert sich gern an die Zeit, als man noch in Gaststätten wählte. Da stellten die Wirte den Wahlhelfern schon mal ein Pils, einen Kaffee oder Tee hin – und freuten sich über Kundschaft. Heute sind die 47 Marler Wahllokale zumeist Schulen oder Pfarrheime.
Klaus Mrozek stellt sich auf einen eher langweiligen Wahlsonntag ein. Wegen Corona, vermutet er, werden viele Marler die Briefwahl nutzen. Bis heute gingen bei der Stadtverwaltung 20.700 Briefwahlanträge ein, berichtet Stadtsprecher Daniel Rustemeyer. Fast ein Drittel der 63.100 Wahlberechtigten will also per Brief wählen.
Bis 18 Uhr Stimmabgabe möglich
Briefwähler können ihre ausgefüllten Stimmzettel auch im Wahlbüro, Wiesenstraße 22, abgeben oder bis zum Wahltag um 18 Uhr in den Briefkasten am Stadthaus 1 (Carl-Duisberg-Straße 165) einwerfen.