
Es geht lebendig zu im Garten des Ernst-Reuter-Hauses. Natürlich mit Corona-Abstand und Masken – aber immerhin. An einem der gefühlt wenigen schönen Frühlingstage startet auch in Marl-Hamm das Projekt „Marl geht APP“ mit der App „#stadtsache“, das schon in anderen Stadtteilen läuft. Kinder und Eltern sind an den Sperberweg gekommen, sie möchten mehr darüber wissen. Wie berichtet, steht dahinter eine App, mit der Kinder und Jugendliche auf dem Smartphone und Tablet festhalten, was ihnen in ihrem Stadtteil gefällt und wo man etwas ändern muss.
All das summiert sich unter dem Begriff Partizipation. Die Teilhabe von jungen Menschen bekommt einen immer höheren Stellenwert im Bereich der Kinder- und Jugendförderung des Marler Jugendamtes. Die Mädchen und Jungen sind allerbeste Experten in eigener Sache – man muss sie allerdings zu Wort kommen lassen und auf das hören, was sie zu sagen haben.
Wo muss sich für mich etwas ändern?
„Es geht darum, das ernst- zunehmen und konkrete Vorschläge, Veränderungen und im Idealfall Verbesserungen daraus zu entwickeln“, sagt Magdalene Ostermann. Sie ist die für Kinder- und Jugendförderung zuständige Abteilungsleiterin im Jugendamt und stellt mit Michelle Ruiz Eiro (Kinder- und Jugendbeauftragte der Stadt), Luisa Müller (Maki-Mobil/SJD Die Falken) und Gastgeberin Anna Nigulis (AWO/Ernst-Reuter Haus) vor, worum es bei der App „#stadtsache“ und der Beteiligung von Kinder und Jugendlichen geht.
Genug Spiel- und Freizeitangebote?
Und zwar um nichts weniger als die Einladung, sich einzumischen, wenn es um ihr Leben und ihre Zukunft geht. Heißt: Selbst Bestandsaufnahmen erstellen, Vorschläge machen. Wie kommen Kinder und Jugendliche im Stadtteil zurecht, wo müsste es sauberer sein, wie steht es um Spiel- und Freizeitangebote, den Straßenverkehr, Schulwege? „Das kann so aussehen, dass ein sechsjähriges Kind sagt, dass ein Spielplatz ganz toll für Ältere ist – aber eben nicht für mich“, erzählt Michelle Ruiz Eiro. Magdalene Ostermann ergänzt: „Es gibt die Tendenz, dass Kinder sehr genau beobachten, was in der Natur vor sich geht und sich Gedanken machen. Wo da zum Beispiel Müll landet und wie man das vermeidet.“
Das Maki-Mobil, das Spielmobil für Kinder in Marl, hat entscheidend dazu beigetragen, dass das Projekt läuft. Luisa Müller vom freien Träger SJD Die Falken hat dafür einen Förderantrag beim Bundesministerium für Bildung und Forschung auf den Weg gebracht, nachdem es im Oktober 2020 erste Überlegungen dazu gab.

Demokratie-Übung
ohne Altersbeschränkung
Kinder und Jugendliche stärker in die Entwicklung einer Stadt einzubinden, ist vor allem auch eine angewandte Demokratie-Übung. Die Erfahrung, selbst etwas bewirken zu können, indem man Wünsche und Bedürfnisse formuliert, Mitstreiter für gemeinsame Ideen gewinnt, unterliegt keiner Altersbeschränkung. Um im Bild zu bleiben: Partizipation? Frei ab jungen Jahren…
Voraussetzung für Demokratie-Erfahrung ist allerdings, dass die etablierte Politik auf das reagiert, was junge Menschen liefern. Auch da ist einiges im Fluss in Marl. Anderswo gibt es „Kinder- und Jugendparlamente“, die mit Vorschlägen und Forderungen ihre Erwartungen gegenüber Kommunalpolitik und Verwaltung deutlich machen.
„Das Forum“ für Kinder und Jugendliche
Michelle Ruiz Eiro will mit Jugendlichen unter dem Arbeitstitel „Das Forum“ ein Format von Beteiligung auch für Marl entwickeln – oder genauer gesagt wiederbeleben. Denn einen solchen Ansatz gab es vor Jahren schon einmal. Seinerzeit hatte Magdalene Ostermann die heutige Kinder- und Jugendbeauftragte Ruiz Eiro kennengelernt – damals war sie Mitglied des Gremiums…