
Nicht nur die politischen Vorstellungen sind unterschiedlich, auch ihre Herkunft und die Interessen. Wir stellen Ihnen hier die Spitzenkandidaten der fünf bisherigen Landestagsparteien vor, die bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen an diesem Sonntag antreten. In den vergangenen Wochen waren sie alle zu Gast bei uns in der Redaktion und haben dort in Live-Talks die Fragen unserer Leser beantwortet. Die Aufzeichnungen sehen Sie hier in den Videos.

Hendrik Wüst (CDU) – Fahrrad-Fan mit Turbokarriere und Mini-Amtsbonus
Privat liebt er das Radfahren. Für seine politische Karriere hat Hendrik Wüst allerdings den Turbo eingelegt. Mit nur 46 Jahren wurde der heimatverbundene Münsterländer Ministerpräsident in NRW. Er folgte während der laufenden Wahlperiode erst im Oktober 2021 dem nach Berlin gewechselten Armin Laschet – auch als Parteichef der NRW-CDU. Laschet hatte Wüst 2017 als Verkehrsminister in sein schwarz-gelbes Kabinett berufen. Zu Beginn seiner Karriere polarisierte Wüst als raubeiniger Generalsekretär. 2010 trat er infolge einer Affäre von dem Amt zurück. Als Regierungschef gibt er sich als solider, versöhnlicher Mann der Mitte. Als wichtigste Themen nennt er den Klimaschutz und die Bewahrung der Schöpfung.
Thomas Kutschaty (SPD) – Ein Mann will nach oben
Im privaten wie im politischen Leben ist Thomas Kutschaty der Aufstieg nicht in die Hände gefallen. Nach der Abwahl der SPD in NRW 2017 setzte sich der Rechtsanwalt und ehemalige Landesjustizminister gegen Widerstände zunächst als Fraktionschef durch und später als Chef der stolzen NRW-SPD. Inzwischen ist der 53-jährige Eisenbahner-Sohn aus Essen die unangefochtene Führungsfigur der NRW-SPD und hat Chancen auf das Amt des Ministerpräsidenten. Als Vize-Bundesparteichef soll der dreifache Familienvater auch überregional bekannter werden. Die Prägung durch einfache Lebensverhältnisse zeigt sich in seinen wichtigsten Zielen: Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit und bezahlbarer Wohnraum.

Joachim Stamp (FDP) – Mit Solidität statt Star-Appeal an die Spitze
Als Politiker-Typ eher unauffällig hat sich Joachim Stamp mit Zähigkeit, soliden Grundsätzen und Loyalität in die Spitze der Landesregierung gearbeitet. Seit 2017 ist der promovierte Politologe stellvertretender Regierungschef in der schwarz-gelben Koalition Nordrhein-Westfalens und Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration. Der 51 Jahre alte Liberale steht für konsequente Abschiebung ausländischer Gefährder ebenso wie für eine Willkommenskultur gegenüber gut integrierten Zuwanderern. Seit 2017 ist der bodenständige Politiker als Nachfolger von Christian Lindner auch Vorsitzender der NRW-FDP. Privat mag der verheiratete Vater zweier Töchter Musik, Literatur und Fußball.
Mona Neubaur (Grüne) – Gebürtige Bayerin mit Herz für NRW und Senf
Sie liebt Nordrhein-Westfalen und Düsseldorfer Senf – obwohl Mona Neubaur eigentlich in Bayern geboren wurde. Die eloquente 44 Jahre alte Diplompädagogin kam über ihre Arbeit bei einem alternativen Energieversorger zu den Grünen. 2005 trat sie in die Partei ein, engagierte sich zunächst in Düsseldorf, bis sie 2014 zur Landesvorsitzenden gewählt wurde. An ihrer Wahlheimat NRW schätzt sie nach ihren eigenen Worten die „Vielfalt der Regionen, der Herkunft, der Fußballclubs, Brauereien und der Brauchtümer“. Sie will, dass NRW Industrieland bleibt, „aber angetrieben von erneuerbaren Energien und sauberen Technologien“. Die energische Politikerin zeigt in ihren Positionen gern klare Kante.
Markus Wagner (AfD): Von der „Schill“-Partei zur AfD
Die politischen Anfänge des 57-jährigen Markus Wagner lagen noch bei der CDU. Doch die war dem gebürtigen Rheinland-Pfälzer, der seit 2017 AfD-Landtagsfraktionschef in NRW ist, schon unter Helmut Kohl nicht konservativ genug. 1996 trat Wagner aus und der rechtspopulistischen „Schill“-Partei 2001 bei. Zeitweilig war er dort Bundesvorsitzender. Nach deren Auflösung war der Fußballfan in kleineren Parteien aktiv und wurde 2013 AfD-Mitglied. Der verheiratete Vater eines Sohnes ist Sprecher des AfD-Kreisverbands Minden-Lübbecke. Er studierte in Bielefeld Sozialpädagogik und ist Geschäftsführer einer Einrichtung der Eingliederungshilfe für psychisch Kranke. Die AfD sieht er als „Kümmererpartei“ für die kleinen Leute.

dpa/kar