
Wer mit sich selbst redet, ist verrückt. Oder? Tatsächlich ist es so, dass Selbstgespräche richtig nützlich sein können und mir vieles im Alltag erleichtern. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass mein Zaun nicht mehr alle Latten hat. Die Selbstgespräche helfen mir eher dabei, besser durch den Alltag zu kommen und persönliche Krisen zu meistern.
Nur die wenigsten geben ihre Selbstgespräche zu
Und wenn wir ehrlich sind, reden viel mehr Menschen mit sich selbst, als sie auf Anhieb zugeben würden. Wer kennt nicht die kurzen Ausrufe, die man sich kaum verkneifen kann, wenn zum Beispiel der Laptop keinen Saft mehr hat und runterfährt, bevor man das wichtige Dokument speichern konnte? „Was zur Hölle“, „Mist“, „Scheiße“ – sucht Euch was aus!

Manchmal sind es aber auch längere Monologe, wenn man seine Gedanken ordnen muss, um zu einer Lösung zu kommen. Das hat dann auch nicht unbedingt was mit Einsamkeit zu tun oder damit, dass man sonst niemanden hat, der einem zuhören würde. Manchmal muss man sich Situationen auch selbst erst mal darlegen.
In der Öffentlichkeit lieber ins Handy quasseln
Ich plädiere dafür, dass man ganz ungehemmt ein Schwätzchen mit sich selbst halten kann. Vielleicht nicht unbedingt in der Öffentlichkeit – das kann gruselig wirken. Aber zur Not kann man ja so tun, als würde man telefonieren.
Wieso ich so ein Fan von Selbstgesprächen bin? Wenn man spricht, kann man sich bestimmte Situationen einfach besser vor Augen führen. Man nimmt Probleme klarer wahr und sieht auch die passenden Lösungen viel schneller.
Lautes Lernen hilft beim Verinnerlichen
Wenn ich zum Beispiel was Neues lerne, spreche ich oft während der Aktivität, um geistig zu verstehen und meine Handlung sprachlich zu unterstreichen. Das mag andere nerven, hilft mir aber unheimlich dabei, mich zu konzentrieren.
Auch bei der Klausurvorbereitung habe ich häufig mit mir selbst gesprochen. „So Annika, dann erklär mir doch mal die Systemtheorie nach Luhmann“, „Kein Problem, Annika. Das mach ich doch gerne“. Dadurch kann man gut für mündliche Prüfungen üben – wenn man sie selbst schon mal mit sich durchgeführt hat.

Zu guter Letzt sind Selbstgespräche auch heilsam bei Ärger, Schmerz oder Stress. Ich habe das Gefühl, sobald ich „Aua“ schreie, wenn ich mir den Finger eingeklemmt habe, habe ich schon ein Teil meines Schmerzes abgebaut. Und auch beim Ärger ist es wichtig, den Mund aufzumachen, auch wenn keiner da ist. Kaum vorzustellen, ich könnte nicht über den Postboten meckern, der am Samstagmorgen um 8.30 Uhr schon klingelt.
Ich führe gerne Selbstgespräche. Sie tun mir gut und ich bin einfach auch ein sehr interessanter Gesprächspartner. Nichts, wofür man sich schämen muss.